Die an der Digitalisierung des Gesundheitswesens beteiligten Akteure und Stakeholder sind noch zu sehr in ihren Silos verhaftet, die Bedürfnisse und Wünsche der Ärzte und werden derzeit zu selten berücksichtigt. Zudem nutzen Patienten in ihrem beruflichen und alltäglichen Umfeld eine Vielzahl von digitalen Lösungen und wünschen sich ähnliche Lösungen auch für gesundheitliche Belange. Einen tieferen Einblick in die Digitalisierung der ambulanten Versorgung gibt die Studie "Digitalisierung von Arztpraxen", in der 39 Arztpraxen befragt wurden. Eine mögliche Lösung: Die sorgfältige Planung und strategische Abstimmung zwischen allen Beteiligten kann die Einführung neuer Technologien erleichtern. Eine von den verschiedenen Akteuren und Interessengruppen gemeinsam entwickelte Strategie würde die klarsten Leitlinien für die Nutzung digitaler Anwendungen mit den besten Datenschutzstandards und dem größten Mehrwert für Ärzte und Patienten bieten.
Warum wurde die Studie „Digitalisierung von Arztpraxen in Ostdeutschland“ angefertigt?
Das Ziel der Digitalisierung ist den meisten Akteuren klar, aber um es zu erreichen, braucht es einen langen Atem. Ein guter wissenschaftlicher Ansatz, um diesen langen Atem zu behalten, ist der regelmäßige Abgleich von SOLL und IST. Um einen entscheidenden Beitrag zur Digitalisierung des ambulanten medizinischen Bereichs zu leisten, werden auf dem
lovity Blog die Studienergebnisse für Ärzte, Ärztinnen und Praxisinhaber:innen veröffentlicht, in denen der Status quo der Digitalisierung deutscher Arztpraxen durch eine Umfrage beleuchtet wird.
Wer hat an der Umfrage zur Digitalisierung von Arztpraxen teilgenommen?
An der ersten Umfrage zur „Digitalisierung von Arztpraxen in Ostdeutschland“ haben 39 Arztpraxen teilgenommen. Die Befragung wurde im Rahmen einer Studienarbeit Digitalisierung von Arztpraxen in Ostdeutschland von der Studentin Isabel Ringert an der TU Dresden durchgeführt. Wichtig war dabei die Verteilung zwischen Land, Stadt und den Regionen um Rostock, Berlin, Magdeburg, Leipzig, Erfurt, Chemnitz und Dresden. Aktuell haben 15 Vertragsärztinnen und 24 Vertragsärzte mit eigener Praxis ihre persönliche Einschätzung zum aktuellen Stand der Digitalisierung in der ambulanten ärztlichen Versorgung abgegeben. Die Praxisinhaber:innen der Fachrichtungen Allgemeinmedizin, Innere Medizin, Chirurgie, Frauenheilkunde, Kinder- und Jugendmedizin, Psychiatrie und Psychotherapie und Fachärzt:innen für Zahnmedizin liefern somit einen repräsentativen aktuellen Einblick in die Digitalisierung der ambulanten Versorgung.
Wie lautet die Kurzzusammenfassung der Studienergebnisse?
Die Studie wurde zum Stand: 26.01.23 zusammengefasst. Um alle Details der Studie zu erfahren, können Sie die „Komplette Auswertung der Digitalisierung von Arztpraxen in Ostdeutschland“ downloaden.
Viele Akteure des deutschen Gesundheitswesens nutzen bereits in Ihren Geschäftsbereichen digitale Technologien. So verwenden alle Studienteilnehmenden - 39 Ärzte und Ärztinnen - digitale Werkzeuge in ihrer Praxis. Dabei sehen 64% Prozent der Ärzte Ihre Praxis als ausreichend digitalisiert an. 59 % sehen aber in der Digitalisierung die Chance, um Bereiche, die Sie am meisten beeinträchtigen, effizienter und angenehmer zu gestalten. Die Disziplinen Verwaltung (Empfang, Dokumentation, Archivierung), Abrechnungen im ärztlichen Vergütungssystem, Controlling/ Finanzen und Marketing (Recruiting, Terminierung und Website) beeinträchtigen dabei Mediziner:innen am meisten.
Die Bereiche, die in der Praxis am stärksten digitalisiert sind, sind die ärztliche Abrechnung und die Vernetzung medizinischer Geräte. Weniger digitalisiert sind hingegen die Bereiche Personalmanagement, Controlling/Finanzen und insbesondere der Bereich digitales Marketing.
Welche eDienste werden am häufigsten genutzt?
Als digitale Werkzeuge in den Bereichen kommen der eDienst KIM in Verbindung mit der TI (Telematikinfrastruktur), das PVS (Praxisverwaltungssystem), das digitale Abrechnungsprogramm, der Internetauftritt und die digitale Archivierung am häufigsten zum Einsatz.
Alle Praxen nutzen elektronische Dienste – insbesondere den KIM (Kommunikationsdienst, Versand und Empfang von eArztbriefen). Darüber hinaus sind eDienste wie eAU (elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung) und eGK (elektronische Gesundheitskarte) von 9 von 10 Praxen im Einsatz. ePA (Aktive Nutzung elektronische Patientenakte, eRezept (elektronische Rezept) und eMP (Medikationsplan) werden aktuell nur von jeder siebten Praxis eingesetzt.
Wie schätzen Sich Praxisinhaber selbst und die Digitalisierung ein?
33% der Arztpraxen antworten auf die Frage "Würden Sie die Praxis, in der Sie arbeiten bzw. die Sie besitzen, als "digitalisiert" bezeichnen? mit "Ja, wir haben alle Prozesse weitgehend digitalisiert". Mehr als die Hälfte der Praxisinhaber:innen sind dabei, Ihre Praxis-Prozesse zu digitalisieren. Dabei nimmt der Wunsch nach Digitalisierung der eigenen Praxis und der damit verbundenen Prozesse mit zunehmendem Alter ab. Unabhängig vom Alter fühlen sich „80 % der Befragten von Bund, Ländern und Kassenärztlicher Bundesvereinigung nicht ausreichend zum Thema "Digitalisierung der Arztpraxis" informiert! Gleichzeitig fordern 64 %, dass die "Digitalisierung" der ambulanten Praxen in Deutschland schneller vorangetrieben werden sollte.
Wenn Sie an einer detaillierten Auswertung interessiert sind, können Sie unter Digitalisierung von Arztpraxen die vollständigen Ergebnisse als Grafik herunterladen. Dort finden Sie auch unsere unabhängige Interpretation der Umfrageergebnisse.
Das Fazit der Studie:
Viele Praxisinhaber:innen sehen ihre eigene Praxis als digitalisiert an, hegen aber gleichzeitig den Wunsch nach mehr Digitalisierung und sind im Umbruch, diese digitalen Tools in ihrer Praxis einzusetzen. Datenschutz, Umsetzung und Integration digitaler Werkzeuge verbreiten Skepsis und verlangen nach Aufklärung. Motivation ist die steigende digitale Affinität der Patienten, der Notwendigkeit, neues Personal zu gewinnen, effizienter aus wirtschaftlichen und politischen Gründen werden zu müssen. Die Akteure des Gesundheitswesens sind sich einig, dass die Digitalisierung in deutschen Arztpraxen und Gesundheitseinrichtungen deutlich vorangetrieben werden muss. Der Wille ist auf allen Seiten vorhanden - bei Patienten, Ärzten, Wirtschaft und Politik. Herausforderungen wie der rasant wachsende Technologie-Markt, der demographischer Wandel, zunehmender Personalmangel und schleppende Umsetzung standardisierter Anwendungen wie ePa oder eRezept erschweren die digitale Transformation. Um allen Stakeholdern und einer Standardisierung gerecht werden zu können, ist es für die Mediziner:innen und Praxisinhaber:innen hilfreich, Unterstützung aus der freien Wirtschaft zu erhalten, um gemeinsam und gestärkt aufzutreten.
Die Ergebnisse der Studie